Die Weberbach war nach der Wiederansiedlung von Juden in Trier in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts das Zentrum sowohl für die städtischen Juden als auch für die Juden des Umlandes. Zugleich lag hier aber auch ein traditionell von Christen bewohntes Viertel. Lange bevor die Juden wieder hier angesiedelt wurden, lebten in der Straße Tagelöhner und Handwerker, insbesondere die Wollweber.
Anders als in vielen deutschen Städten und im Gegensatz zum mittelalterlichen Trier lebten Juden in der Frühen Neuzeit nicht mehr in einem Judenviertel. Bis ins 20. Jahrhundert teilten die jüdischen mit den christlichen Anwohnern in der Weberbach die Straße bei ihren täglichen Wegen, etwa zur Arbeit, die einen zur Kirche, die anderen zur Synagoge. Nachdem der Betraum in der Nähe der Basilika zu klein geworden war, wurde an der Ecke Weberbach/Rahnenstraße im Jahr 1761 eine Synagoge errichtet. Dieser Standort entsprach den Richtlinien der kurfürstlichen Judenordnung, wonach ein Mindestabstand von vier Häusern zu jeder christlichen Kirche gewahrt werden musste. Auf demselben Gelände befanden sich auch die Gemeindeinstitutionen wie etwa die Mikwe und auch die Wohnung des Rabbiners.
Aus sozialtopografischer Perspektive ist die Wohnsituation in der Weberbach ein bemerkenswertes Zeugnis dafür, dass lange vor der rechtlichen Gleichstellung von Juden und Christen im Jahr 1871 beide Religionsgruppen mit- und nebeneinander gelebt haben. Die städtischen Adressbücher belegen zudem christlich-jüdische Mietverhältnisse für das späte 18. und das gesamte 19. Jahrhundert. Diese mussten auch aus pragmatischen Gründen eingegangen werden und waren für ärmere Juden und Christen unumgänglich, denn vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschten in Trier teilweise sehr beengte Wohnverhältnisse. Die Weberbach stellte somit einen Mikrokosmos des christlich-jüdischen Zusammenlebens dar. Hier lebten Juden und Christen zwischen dem 17. und bis ins 20. Jahrhundert, bis zur Zeit des Nationalsozialismus, Tür an Tür und zum Teil unter einem Dach.
Text: Michelle Stoffel M.A.
Redaktion: Prof. Dr. Frank G. Hirschmann
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