Um 1900 lebten immer mehr Juden im Zentrum der Stadt Trier, etwa in der sehr belebten Fleischstraße. Die Wohn- und Geschäftsadressen des berühmten jüdischen Bühnenautors und Komponisten Louis Scheuer stehen beispielhaft für die Selbstverständlichkeit eines christlich-jüdischen Alltags, der von beiden Religionsgruppen gelebt und gepflegt wurde.
Der 1872 in Luxemburg geborene Louis Scheuer galt als ein universell engagierter und fest integrierter Bürger Triers, seiner Wahlheimat. Neben seinem Engagement im hiesigen Karnevalsverein »Heuschreck e. V.« sprechen auch seine Mitarbeit in verschiedenen Trierer Zeitungen, seine Tätigkeit als Theaterkritiker sowie sein Wirken am hiesigen Theater für seine Vielseitigkeit. Das städtische Adressbuch weist ihn für das Jahr 1896 als Kaufmännischen Schönschreiblehrer aus. In den nächsten Jahren muss er immer weiter ins Zentrum umgezogen sein, denn im Jahr 1901 waren er und seine Frau in der Fleischstraße 63 gemeldet. Zuvor schon hatte er ebenfalls in der Fleischstraße eine private Handelsschule eröffnet, die Juden ebenso wie Christen, Frauen und Männern offen stand.
Louis Scheuer war eine feste Instanz in Trier: In den schwierigen Jahren nach dem 1. Weltkrieg prägte und förderte er das soziale und kulturelle Leben der Stadt. Mit seiner legendären, 1924 erstmals aufgeführten Musikrevue »Mein Trier, wie lieb ich dich« setzte er seiner Wahlheimat ein bis heute unvergessenes Denkmal. Unter dem nationalsozialistischen Regime wurde seine Handelsschule »arisiert«, und das städtische Theater, für das er eine solche Instanz gewesen war, schloss ihn bereits 1934 aus.
1936 verließ er Trier und zog mit seiner Ehefrau, einer Christin, nach Frankfurt am Main, wo er noch einige Jahre an der Jüdischen Volksbühne wirken konnte. Louis Scheuer verstarb 1958 in Frankfurt als international anerkannter und gefeierter Bühnenautor und Komponist, der selbst in New York reüssiert hatte. Seine Heimat Trier hat er nach dem 2. Weltkrieg nie mehr wiedergesehen. Dennoch stehen Louis Scheuer, sein Leben, seine Person, sein Wirken im Zentrum Triers für die Selbstverständlichkeit einer christlich-jüdischen Stadtbevölkerung und Geschäftswelt und ein dementsprechendes kulturelles Leben in Trier vor dem Nationalsozialismus. Auch andere Juden lebten hier um 1900 im gesamten Stadtgebiet verteilt.
Text: Michelle Stoffel M.A.
Redaktion: Prof. Dr. Frank G. Hirschmann
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