Die Geschichte des Kaufhauses Haas beginnt 1869, als der jüdische Kaufmann Hermann Haas in der Neustraße 97 ein kleines Kurzwarengeschäft eröffnete. Mit 14 Jahren war Haas aus Ürzig an der Mosel nach Trier gekommen, wo er im Kaufhaus Josef Marx eine Lehre machte. 1871 heiratete er Berta Levy, die beiden bekamen zwei Söhne, Max und Albert. 1886 traf die Familie ein Schicksalsschlag, als der Firmengründer im Alter von 40 Jahren verstarb. Die junge Witwe führte mit dem damals erst 13-jährigen Albert das Geschäft weiter. 1898 erfolgte ein Neubau, in der Fahrstraße 1–2. 1926 erfolgte eine Erweiterung mit einem Filialbetrieb in der Brotstraße 38/39. Man übernahm das jüdische Warenhaus S. Löwenstein & Co.
Doch der Erfolg des Hauses rief die Neider auf den Plan, in Trier wurden schon frühzeitig Boykottmaßnahmen gegen die jüdischen Geschäftshäuser ergriffen, so auch gegen das Kaufhaus Haas. Am 13. Mai 1933 kamen die beiden Brüder in sogenannte »Schutzhaft«. Sie wurden in das Gefängnis in der Windstraße verbracht, Jeanne Haas, Ehefrau von Max, setzte nur wenige Tage später ihrem Leben ein Ende, weil sie dem psychischen Druck nicht mehr standhielt. Die beiden Brüder wurden aus der Haft entlassen, aber Albert starb wenige Monate später mit nur 59 Jahren. Max und seine Kinder, Walter und Ilse, emigrierten nach Argentinien, und die Kinder Alberts, Lisbeth und Fritz, gingen nach Palästina. Die Geschäftshäuser wurden 1935/36 »arisiert«, das heißt: Der jüdische Besitz ging durch Boykott- und Zwangsmaßnahmen in die Hände sogenannter »arischer« Besitzer über. Es waren Günther Moritz und Alfred Senger, die das Haus in der Brotstraße 38/39 übernahmen. Es existierte bis 1995 unter dem Namen »Moritz und Senger«. Das Geschäftshaus in der Fahrstraße wurde von Franz Duhr »arisiert« und in »Insel« umbenannt. Duhr war Weingroßhändler und Präsident der IHK.
Nach 1945 erwirkten die Nachfahren erfolgreich ein Restitutionsverfahren. Ein zufälliges Zusammentreffen von Sonia Edna Haas, der Tochter von Fritz aus Israel, und dem amerikanischen Filmemacher Juan Mandelbaum, aus dem argentinischen Zweig der Familie Haas, 2017 im Jüdischen Museum in Berlin, wo Edna Unterlagen ihres Vaters für das Archiv ausgehändigt hatte, hat dazu beigetragen, dass die Geschichte des jüdischen Kaufhauses Haas nicht vergessen werden wird.
Text: Jutta Albrecht
Redaktion: Prof. Dr. Frank G. Hirschmann
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