Jüdemerstraße

Jüdemerstraße 14, 54290 Trier

Der Hintergrund zum Hören

Jüdemerstraße, 1
Jüdemerstraße, 2

Der Name Jüdemerstraße leitet sich von der »Judenmauer« ab, die den seit dem 12. Jahrhundert bezeugten jüdischen Friedhof umschloss. In einem Einkünfteverzeichnis des Trierer Domkapitels wird festgehalten, dass die jüdische Gemeinde dem Domkapitel jährlich am Feste des Hl. Stephanus (26. Dezember) sechs Denare von ihrem Friedhof (»de cemiterio eorum«) zu zahlen hatte. Das Datum, an dem dieser Zins zu entrichten war, war sehr subtil gewählt, denn es war der Festtag des Protomärtyrers der Apostelgeschichte, also des ersten Märtyrers, der der Tradition nach von Juden gesteinigt wurde.

Die Lage des Friedhofs innerhalb der ummauerten mittelalterlichen Stadt ist ungewöhnlich. Allerdings wurde die Stadtmauer im 12. und 13. Jahrhundert, also vergleichsweise spät, erbaut. In anderen Orten lag der jüdische Friedhof immer außerhalb der Stadtummauerung. Das war auch ursprünglich in Trier der Fall, denn dieser Friedhof dürfte im 11. Jahrhundert angelegt worden sein, als es noch keine Stadtbefestigung gab. Das Friedhofsareal befand sich ursprünglich in dem Bereich der heutigen Antoniuspfarrkirche und wurde im Laufe des 14. Jahrhunderts nach Osten, also dem heutigen Viehmarkt, hin erweitert. Der Hintergrund dafür dürfte in der Tatsache gelegen haben, dass 1306 die Juden aus dem Königreich Frankreich ausgewiesen wurden und sich viele von ihnen in Trier niederließen, was nicht zuletzt auch romanische Namen unter den nachgewiesenen Juden des 14. Jahrhunderts belegen. Bei archäologischen Ausgrabungen auf dem Viehmarktareal in den 1980er-Jahren wurden sieben Skelette ergraben, die nach Osten bzw. Südosten, also mit Blick nach Jerusalem, ausgerichtet waren. Von diesen sieben Bestatteten wiesen vier schwere Hiebverletzungen im Schädelbereich auf. Möglicherweise ist dies ein Hinweis auf eine Judenverfolgung. Der Friedhof hat den überlieferten Grabsteinen zufolge noch bis in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts als solcher gedient, also über die Pestverfolgungen von 1349 hinweg, denn es gibt einen Grabstein, der auf das Jahr 1373 datiert werden kann. Wenig später allerdings dürfte der Friedhof dann aufgegeben worden sein. Wir wissen von einer seit den 1380er-Jahren erwähnten neuen Kapelle, eines Vorgängerbaus der späteren Antoniuskirche, die offenbar in den Bereich des ehemaligen, dann nicht mehr genutzten jüdischen Friedhofs hineingebaut wurde.

Text: Prof. Dr. Lukas Clemens
Redaktion: Prof. Dr. Frank G. Hirschmann

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